Geheimnisvolle Bäume: Lettlands Birken!

Die Birke war immer der Allzweckbaum der Menschheit, ohne den sie nur schwerlicher überlebt hätte

Bäume haben zeitlebens eine wichtige und sicherlich auch große Rolle in der Geschichte der Menschheit gespielt – das ging bereits mit dem „Baum der Erkenntnis“ los. Wenn man sich heute mit der Birke – in seiner Gesamtheit – befasst, wird man schnell erkennen, dass man sich nicht nur auf einem riesigen wissenschaftlichen Acker, sondern sich auch urplötzlich mitten in der Geschichte der Menschheit – und damit in der Geschichte der Letten - befindet

L-INFOS/diverse Quellen - Die Birke, auch Sand-, Weiß- oder Hängebirke genannt, ist eine eurasische Pflanze, die - mit Ausnahme Südeuropas und des nördlichen Skandinaviens - ganz Europa besiedelt. Die Birke gilt als Pionierbaum. Im Osten reicht ihr Verbreitungsgebiet bis nach Sibirien und Nordiran und sie war - und vor allen Dingen ist sie - zumindest in Lettland aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken. Die Birke gehört seit Menschengedenken zu den geheimnisvollen – aber auch unverzichtbarsten - Bäumen Lettlands! Was für die Deutschen die Eiche, ist für Letten der Birke!

Die Birke ist mit der Geschichte der Welt und somit der Menschheit tief verwurzelt, sie beherrschte zusammen mit der Espe das Landschaftsbild der auf die Eiszeit folgenden Vegetationsperiode. Wie die „GesundheitsNachrichten“, in einem Beitrag schrieb, ist die Birke „gleichzeitig die am weitesten in den Norden vordringende Holzpflanze und ein typischer Charakterbaum der von Germanen und Slawen bewohnten Länder. Ihr deutscher Name birgt die indogermanische Wurzel bharg und das gotische bairths in sich, was „glänzen“, „hellsein“ bedeutet und sich wahrscheinlich auf die weiße Rinde bezieht. Daraus haben sich die nordischen Namen bircha, biriha und bjork entwickelt. In Lettland heißt die Birke „bērzs“!

Die wissenschaftliche Bezeichnung betula stammt nicht aus dem Lateinischen, sondern aus dem Keltischen und geht auf die Silbe betu, beth zurück. Shakespeares MacBeth steht für „Sohn der Birke“. Das hebräische beth bedeutet „Haus“, vgl. Bethlehem, Elisabeth usw.“

Die Bedeutung der Birke in der heutigen Zeit

Welche Bedeutung die Birke in unserer heutigen modernen und aufgeklärten Zeit noch immer hat, erkennt man an den vielen Dingen, die uns im täglichen Leben begegnen, zum Beispiel an dem liebgewonnen Brauch der „Maibäume“ in Deutschland, oder das „Birkenwasser“ welches man sich täglich auf die Kopfhaut sprüht, in der Hoffnung, dass der Haarwuchs noch lange anhalten möge! Von den medizinischen Produkten unseres täglichen Lebens, die in irgendeiner Form Birkenprodukte beinhalten, einmal ganz abgesehen. Natürlich nicht zu vernachlässigen sind die ungezählten Hektoliter Birkensaft, der alljährlich im Frühjahr durch die trockenen Kehlen der Balten fließen!

Dem erfrischendem Saft aus den angezapften Birken, auch „Blutungssaft“ genannt, wie aber auch der Pflanze selber, wird eine ganze Reihe von geheimen Kräften nachgesagt. Im deutschen Volksglauben wird die Birke als Lebensbaum betrachtet (Maibaum). Die Hexen, Geister und Dämonen reiten außerdem in der Nacht vor dem 1. Mai auf Birkenbesen auf den Blocksberg. Die Birkenrute galt als Lebensrute, aber auch als Züchtigungsinstrument, um das Böse auszutreiben: „Birkenruth, du machst die ungehorsamen Kinder gut!“, soll der deutsche Arzt Adam Lonitzer (1528-1586) geschrieben haben. Auch glaubte man (und dies dürfte wohl auch heute noch vielerorts der Fall sein), dass die eigenen Krankheiten auf die Birke übertragen werden können und so verspricht nur die „Birken-Rute“ während des Saunaganges Linderung von Muskel- und Gelenkschmerzen. Gichtgeplagte Zeitgenossen sollen (so war noch der Glaube im ersten Viertel des vergangenen Jahrhunderts) sich bei Sonnenaufgang einer Birke nähern – dies bitte aber leise – und könnten dann dort, durch vorher genau festgelegte Sprüche, ihre Gichtkrankheit auf den Baum, sprich die Birke, übertragen. Derlei Glauben war in früheren Jahrhunderten – und wahrscheinlich gibt es dies auch vielerorts noch heute, wobei man Lettland speziell nicht ausschließen sollte – weit verbreitet.

Birkentee und Giacomo Casanova

Um bei den unmittelbaren Produkten aus Birken zu bleiben, darf man die Birkenblättern nicht vernachlässigen: Ein mit ihnen zubereiteter Tee soll sagenhafte medizinische Erfolge erzielen. Bei den verschiedensten Beschwerden wird dem Birkentee Linderung nachgesagt und außerdem werden der Birke - dies dürfte auch in Covid-19 Zeiten von Interesse sein - auch noch gewisse antidepressive Eigenschaften nachgesagt. Aber auch das Birkenöl soll wahre Wunder bewirken, besonders gegen Anämie, Krätze, Wurmbefall und beim Tripper (wenn das  Giacomo Casanova gewusst hätte, wären seine „Altersbeschweren“ wohl gelinder ausgefallen), wie aber auch gegen viele andere Beschwerden und Krankheiten ist Birkenöl bei vielen Menschen – und somit auch Letten, neben Deutschen, aber bei weitem nicht nur bei diesen - die erste Wahl!

Um das Birkenbild zu vervollständigen, muss unbedingt darauf hinweisen werden, dass die Birke auch für den Schutz für das Vieh im Stall und gegen Plagen aller Art einsetzbar sein soll.

Es gibt heute noch Kulturen, in denen die Birke als „Achse der Welt“ angesehen wird, was sich aber sicher im Laufe der Jahre weiter am Horizont verflüchtigen dürfte. Sicher ist aber, dass die Birke auch weiterhin eine starke Symbolik auf die Menschen ausüben dürfte, steht sie doch nach wie vor nicht nur für die Jugend und die Wiedergeburt, sondern ist der sichtbar Beweis für den beginnenden Frühling und das damit einhergehende erwachen der Natur – und der menschlichen Lebensgeister! Besonders im Baltikum, somit auch in Lettland, hat die Birke eine nach wie vor eine starke Bedeutung, da sie nicht nur der erste Baum ist, der aus dem Winterschlaf erwacht, sondern bereits vorher den, durch den harten Winter geschädigten, Menschen – eben durch den Birkensaft – frische und neue Lebenskraft und Gesundheit verspricht!    

Birkensaft ist der erste Frühlingssaft

Schon immer haben die Menschen das Beste aus der Natur herauszuholen versucht und so ist nicht weiter verwunderlich, dass gerade die nordischen Völker im aufkommenden Frühjahr, nach den entbehrungsreichen Wintermonaten, nach frischen und gesunden Nahrungsmitteln suchten. Im Birkensaft haben sie dieses gefunden. Es ist nicht bekannt, wer das Rad erfand, auch nicht, wer und wo und wann ein Mensch als erster eine Birke anritzte, oder anbohrte, und dann den herausfließenden frischen Saft trank, als sicher dürfte man aber annehmen, dass das schon sehr lange her ist.

Die Liste der positiven Eigenschaften, die dem Birkensaft nachgesagt werden, ist unendlich. Der Saft der Birke ist auf alle Fälle ein wertvolles natürliches Heilmittel, welches im März und April – auf alle Fälle bevor die Äste Blätter austreiben – gewonnen wird. Nach weit verbreiteter Meinung enthält Birkensaft Kohlenhydrate, Glukose, Fruktose, Saccharose und Mineralien, wobei hier besonders das Kalium, Kalzium und Magnesium hervorzuheben wären.

Ob das alles nun wissenschaftlich hundertprozentig abgesichert ist, kann wohl keiner beantworten, auf alle Fälle soll das Frühjahrsgetränk gegen mannigfaltige Beschwerden helfen, den Stoffwechsel nach dem vergangenen Winter wieder auf Touren bringen und, was wohl immer wichtig ist, das Immunsystem stärken. Da gesunde Menschen, laut Internetrecherche, unbegrenzt viel Birkensaft am Tage trinken können (man redet da von zwei bis drei Litern) – bei Krankheiten, die die Aufnahme von Flüssigkeit betreffen, gälten andere Regeln – kann man sich kaum dem Birkentrunk verschließen. Wenn man sich in Lettland diesem gesunden Getränk entzieht, wird man nur unverständliche und bemitleidenswerte Blicke ernten, die im Kopfschütteln enden.

Der Schönheit wegen

Es ist natürlich naheliegend, dass ein solches gesundes Getränk auch in der Schönheitspflege seine Anwendung findet. Falls man unter Ermüdungserscheinungen leidet, oder gar unter einer faltigen Gesichtshaut, sollte man sich mit zu Eiswürfeln gefrorenem Birkensaft einreiben - die Wirkung soll verblüffend sein! Eine gründliche Gesichtswäsche mit Birkensaft soll ebenfalls Wunder wirken, wobei die Sache mit dem Birkenwasser und dem Haarwuchs wohl wissenschaftlich noch nicht endgültig entschieden wurde. Birkencremes sollen sich hingegen jedoch in der weiblichen Welt größter Beliebtheit erfreuen. Wobei, auch hier sollte man der Vollständigkeitshalber, und des zu erwartenden steigenden Umsatzes von Birkenprodukten, darauf hinweisen, dass bestimmte Birkenprodukte gegen Cellulite oder Hautunreinheiten helfen.

Über die medizinischen und die weiteren Verwendungsmöglichkeiten wurden bereits Berge von Büchern und Broschüren geschrieben und wahrscheinlich hält jedes gut geführte Reformhaus in Deutschland eine ausreichende Palette dergleichen davon bereit.

Der Birkensaft unter kulinarischen Aspekten: Nachhaltig, vegan, ökologisch und frei von jeglicher Gentechnik

In Deutschland war es eine Zeitlang „schick“, im Restaurant eine imageträchtige und entsprechend teure Flasche Mineralwasser zu bestellen! Corona hat da so manche Auswüchse unterbrochen. Die wahren Genießer und „Biolanten“ würden wahrscheinlich, wenn sie den könnten, jetzt wohl eher ein Glas/Karaffe Birkensaft bestellen. Dieses schmeckt im Gegensatz zu „normalem Wasser“ eher süßlich, dürfte aber gesünder sein, als so manches hochgelobte und preislich hochgeschobene Wasser und Mineralwasser! Abgesehen von den zahlreichen Mineralstoffen im Birkensaft hat dieses auch noch viele andere gute und gesunde und kaum zu bezahlende Eigenschaften (siehe Bericht oben). Er ist außerdem vegan, ökologisch und frei von jeglicher Gentechnik und natürlich ausgesprochen nachhaltig! Mehr kann man heute wohl kaum noch verlangen!

Hast Du eine Birke im Garten?

Wer kann das heutzutage schon, sich sein kostbares „Wunderheilmittel“ selber herstellen? Wenn man eine Birke (Stammdurchmesser ca. 20 cm) im Garten hat, ist das kein Problem: Mittels eines Holzbohrers bohrt man ein kleines Loch, ein Glasrohr und ein Auffangbehälter – kann auch eine Flasche sein – und etwas Baumwachs, für das spätere Verschließen des Loches, und fertig ist die eigene Produktionsstätte. Man sollte allerdings darauf achten, dass man allerhöchstens drei (3) Liter, besser ist 2,5 Liter, Saft pro Birke entnimmt, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Birke abstirbt. Auch sollte bedacht werden, dass man die Birke nur alle zwei Jahre anzapft, damit diese eine größere Ruhepause hat.

Den gewonnenen Birkensaft wird am besten im Kühlschrank aufbewahrt. Wenn man etwas Zitronensaft hinzugibt, hält er länger.

Wenn einem der natürliche Birkensaft zu „fade“ erscheint, gibt es eine größere Zahl von Rezepten, die es auszuprobieren gilt: Da ist der „Spring Power“ mit Rosinen und Nelken, oder der „Birkensaft Champagner“, der später, nach erfolgreicher Prozedur, ein angenehm sprudelndes Getränk ergibt. Der „Helle Birkensaft“ und die „Sommerbirke“ sind auch sehr beliebte Mischungen, aber außerdem hat ein guter Mixer ja auch noch genügend eigene Kreativität, neue Birkensaftgetränke zu erfinden und zu mixen!

In Lettland hat der JSC „Latvijas valsts meži“, das ist so etwas wie die Oberste Forstbehörde in Lettland, Regeln aufgestellt, damit der Birkenwald während des „Frühlingssaftes“ nicht zu sehr überstrapaziert wird. Jeder Bewohner Lettlands darf kostenlos in den staatlichen Wälder Birkensaft für den Eigenverbrauch durch das Anzapfen von Birken gewinnen.

Kein wen und aber …

Die Birken entnehmen ihr sauberes Wasser aus den tieferen Erdschichten, wobei dieses auf dem Weg nach oben mit Mineralien und Kohlehydraten angereichert wird. Wenn man im Frühjahr den Birkensaft trinkt, ist dieses Getränk auf alle Fälle gesünder, als herkömmliches Wasser, oder industriell hergestellte „Erfrischungsgetränke“! Wieviel „gesünder“ kann man dabei vordergründig ruhig außer Acht lassen: Es ist gesünder!

Die Birke selber ist mit ihrer hellen, weißen Rinde und später dann mit ihren frischen grünen Blättern, ein freundlicher Baum, der den Menschen sehr viel zu geben hat, bis hin zum Bauholz und wohl besten Brennholz. Wenn man nach einem Frühlingsschauer durch einen Birkenwald geht und tief Luft holt, dann weis man, das Birken gut tun. Nicht umsonst findet man zum Beispiel in Lettland immer Birken in der Nähe eines alten Bauernhauses. Auch die Generationen vor uns – oder diese erst recht – wussten schon, wo sie ihren frischen Frühlingstrunk und die benötigen Bestandteile für ihre Naturmedizin fanden.  

In den vergangenen Jahrhunderten wurde viel über die Birke und ihre Nutzbarmachung für die verschiedensten Bereich und nicht zuletzt auch über die Bedeutung für die Menschen geschrieben. Ob das nun der deutsch-baltisch-lutherischer Pastor Augusts Bielenstein (1826 – 1907), der über die Bedeutung des Birkensaftes für die Lettischen Bauern schrieb, die Heilige Hildegard von Bingen (1098-1179) über die Birkenrinde als Wundverschlussmittel oder der Arzt und Botaniker Matthiolus (1501-1577), der den Baum aufgrund seiner diuretischen Eigenschaften als «Nierenbaum» beschrieben hat, bis hin zu den Autoren der heutigen Zeit, die Birke war und ist nicht nur als mythisches Symbol, sondern auch medizinisch und wirtschaftlich eigentlich immer der Allzweckbaum für die Menschen!

Im Übrigen war die Birke auch viel früher immer aktuell: So wurden bei der Gletschermumie Ötzi in den Alpen (ca. 5300 Jahre alt) zwei Behältnisse aus Birkenrinde gefunden.

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